editorialDa haben wir es also in der Tasche, das Abitur, und doch sind da immer noch die Probleme mit der höheren Mathematik: Waren wir nun neun oder zehn Jahre auf dem Gymnasium - von Klasse 5 bis 13? Wie auch immer, ich finde jetzt reicht`s! Obwohl - eigentlich wäre die Schule ja gar nicht soo schlecht. Man geht hin, trifft seine Freunde, plant Unternehmungen fürs Wochenende, Urlaubsreisen und dergleichen mehr, erfährt den neuesten Tratsch und Klatsch und begegnet amüsanten Menschen, die mit mehr oder weniger ernsten Mienen, und auf jeweils ganz persönliche Art und Weise bemüht sind, das Wissen der Welt an den Mann und die Frau zu bringen. Der eine von ihnen bevorzugt die dynamisch motivierende Methode ("Was für ein toller Unterricht!"), ein anderer glaubt die Herzen seiner Zuhörer gewinnen zu können, wenn er sich mit ihrer Null-Bock-Stimmung solidarisiert ("Das kotzt mich doch alles so an hier"), wieder ein anderer besticht durch seine Freundlichkeit (" Ich begrüße die Anwesenden auf das Allerherzlichste"), ein weiterer wiederum durch seinen Sinn für Humor ("Meinst du das ernst?"). Manch einer wirbt gar um die Gunst von König Kunde äh Schüler, indem er mit Lob nicht geizt ("Das Bild zeugt nicht von völliger künstlerischer Unbegabung"). Dem derart umworbenen Schüler fällt die Wahl natürlich schwer, welche Stunden er besuchen soll und welche nicht. Doch ist die Entscheidung einmal gefallen, überläßt er den unterlegenen Werber in der Regel nicht seiner Trauer. Vielmehr darf sich dieser über einen netten persönlichen Brief des Schülers freuen, der dessen ehrliches Bedauern und einige tröstende Worte enthält. Aber die Schule bringt auch Nachteile mit sich. So überfällt jeden der sonst so rührend um die Gunst der Schüler bemühten Menschen von Zeit zu Zeit ein Gefühl des Mißtrauens. Es beschleicht ihn der Verdacht, man könne seinen Ausführungen nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt haben und er greift zu dem heimtückischen Mittel der Klassenarbeiten und Tests, das sich im Laufe der Schulzeit bis zur Klausur steigert und schließlich zur Waffe der Abiturklausur wird. Eine weitere Fehlentwicklung läßt sich an der unsinnigen Angewohnheit aller am Schulbetrieb beteiligten Personen erkennen, das Schulgebäude fast täglich schon zu nachtschlafender Stunde zu betreten. Die Unsitte der Lehrer, manche Schüler gegen ihren Willen zu einem längeren als den vom Gesetzgeber vorgeschriebenen 13jährigen Schulbesuch zu zwingen, muß ebenfalls an dieser Stelle angeprangert werden. Aus diesen Gründen muß das Fazit der Schulzeit trotz aller Vorzüge bitter ausfallen oder wie es Georg Büchner seinen Danton ausdrücken läßt:" Ich habe die Schulbänke satt, ich habe mir Gesäßschwielen wie ein Affe darauf gesessen."(aus "Dantons Tod"/3.Akt/7.Szene)

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